Negative Glaubenssätze bei Kindern auflösen: Eine Übersicht für Eltern und Lehrpersonen
Marie gibt sich einen Ruck und hebt die Hand. Sie formuliert die Lösung nicht ganz richtig und sofort geht ein Kichern durch den Raum, manche Kinder tuscheln sogar. In Maries Kopf formt sich ein Satz, der dramatischer ist als die Situation: «Ich bin dumm.» Zu Hause angekommen tröstet sie die Mutter: «Ich war auch nie gut in Mathe.» Das Kind aber denkt sich: «Mathe liegt mir nicht – ich werde das nie können.» So entsteht ein neuer Glaubenssatz.
Kinder fangen früh die leisen Botschaften aus Schule, Familie und Umfeld auf. Aus Annahmen wie: «Ich kann das nicht» oder «Ich bin halt nicht klug» werden innere Regeln, die Mut und Leistung bremsen und das Selbstbild beeinflussen. Bei Pädagogik+ drehen wir das Skript um: Wir benennen hinderliche Glaubenssätze, übersetzen sie in hilfreiche Gedanken und üben neue Erfahrungen im Alltag.
Je früher wir das tun, desto leichter löst sich der Knoten und aus «Ich kann das nicht» wird ein «Ich lerne das Schritt für Schritt».
Wenn negative Glaubenssätze bleiben
Bestehende Glaubenssätze bestimmen unsere gesamte Wahrnehmung und unser Verhalten. Durch Wiederholung und Bestätigung unserer inneren Annahmen werden sie weiter gefestigt. Daraus ergeben sich teils dramatische Konsequenzen:
Kinder melden sich seltener, vermeiden Herausforderungen, wählen leichtere Aufgaben, vergleichen sich ständig oder ziehen sich ganz zurück. Fehler werden als Beweis für das negative Selbstbild gedeutet. So entsteht eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Auf Dauer leidet das gesamte Leben darunter: Freude, Motivation und Offenheit für neue Erlebnisse sind wie ausradiert. Chancen werden nicht wahrgenommen, Feedback ignoriert und das Potenzial bleibt versteckt.
Wichtig: Je länger ein Glaubenssatz bestehen bleibt, desto stärker wird er verankert. Daher ist es sehr wichtig, schon frühzeitig negative Glaubenssätze zu erkennen und proaktiv gegenzusteuern.
Negative Denkmuster aufzubrechen ist harte Arbeit, die Zeit braucht – aber es ist möglich! Melde dich noch heute für den nächsten Online-Workshop zum Thema Glaubenssätze an, den wir für dich im November vorbereitet haben. Am 03.11.25 um 17:00 Uhr geht’s los!
Wie Glaubenssätze entstehen
Glaubenssätze sind im Prinzip verdichtete Lernerfahrungen. Sie bilden sich durch prägende soziale Events, sowohl in der Klasse als auch zuhause in der Familie. Zusätzlich werden sie durch etikettierende Sprache wie «schlau» oder «faul», sowie Vergleiche und starres Ergebnislob zementiert.
Sie verstärken sich besonders in emotionalen Momenten, wenn das Gehirn schnelle Deutungen bevorzugt. Oft werden auch Sätze naher Bezugspersonen übernommen, die als vermeintliche Wahrheit abgespeichert werden.
Frühe Prägung zählt: Viele der Glaubenssätze, die uns prägen, entstehen bereits in den ersten sieben Lebensjahren. Bis etwa zum 30. Lebensjahr verfestigen sich diese Denkmuster zu einem stabilen Glaubenssystem, das sich nicht mehr so leicht verändern lässt. Selbstlimitierende Sätze lassen sich zwar auch später noch transformieren, doch es braucht mehr Zeit, neue Erfahrungen und Geduld. Je früher wir gegensteuern, desto leichter fällt es, hinderliche Überzeugungen loszulassen und hilfreiche zu verankern.
- Opa sagt: «Bei uns war Rechtschreibung schon immer schwierig; das ist nicht so wichtig!»
- Die Lehrerin sagt: «Du bist eher ein introvertiertes Kind. Die melden sich nicht so häufig.»
- Deine Freundin sagt: «Ich bin in Tests immer besser als du, weil du nicht so klug bist.»
Wie du Glaubenssätze erkennst
Achte auf die sogenannten Killerphrasen wie «immer» oder «nie», auf Verallgemeinerungen nach einzelnen Ereignissen sowie auf Vermeidungsverhalten bei bestimmten Fächern, Aufgaben oder Personen. Ein starker Hinweis ist, wenn dein Lob sofort abgewertet wird und der negative Gedanke wie eine Tatsache formuliert wird.
Tipp: Frag nach! Was denkt dein Kind über sich selbst? Je besser du über die innere Welt deines Kindes/ deiner Kinder informiert bist, desto schneller wirst du negative Glaubenssätze erkennen.
Praktisch bewährt hat sich ein kurzer, täglicher Check-In im «Lerntagebuch», in dem alte Sätze, Situationen und Reaktionen festgehalten werden. So werden Muster sichtbar und du unterscheidest Stimmungen von festen Annahmen.
Woher weiss ich, was mein Kind glaubt?
Drei Marker helfen zuverlässig, das zu erkennen: Erstens löst der Satz möglicherweise spürbare Körperreaktionen aus, etwa Enge im Brustkorb oder Bauchgrummeln, sobald das Thema auftaucht.
Zweitens steuert er Verhalten gegen besseres Wissen, zum Beispiel Ausreden statt Ausprobieren. Drittens bleibt er bestehen, obwohl es reale Beweise dagegen gibt, und als Tatsache behandelt wird.
Tipp: Probiere es ruhig einmal aus. Formuliere den Glaubenssatz ins Positive um und lasse das Kind den Satz aussprechen. Die Reaktionen werden dich überraschen.
Zehn typische Glaubenssätze von Kindern und positive Alternativen
Kommt dir das bekannt vor? Manches Kind macht sich kleiner, als es ist, und glaubt, etwas nie schaffen zu können. Mit einem passenden Impuls zur rechten Zeit kehrt Mut zurück und die eigenen Stärken rücken wieder in den Vordergrund.
Das sind typische Glaubenssätze von Kindern:
- «Ich bin dumm.» wird zu: «Ich lerne Schritt für Schritt und darf Fehler machen.»
- «Ich kann das nicht.» wird zu: «Ich kann es noch nicht, doch ich übe weiter.»
- «Alle sind besser als ich.» wird zu: «Jede Person hat Stärken. Ich werde jeden Tag etwas besser.»
- «Lesen ist nichts für mich.» wird zu: «Ich finde Bücher, die mich interessieren, und lese in meinem Tempo.»
- «Ich mache immer alles falsch.» wird zu: «Ich erkenne, was schon klappt, und verbessere mich Stück für Stück»
- «Mathe liegt mir nicht.» wird zu: «Strategie XY hilft mir, Mathe zu verstehen.»
- «Fehler sind peinlich.» wird zu: «Fehler zeigen mir, wo ich wachsen kann.»
- «Ich muss perfekt sein.» wird zu: «Meine Ergebnisse sind gut genug und dranbleiben bringt mich weiter.»
- «Lehrpersonen mögen mich nicht.» wird zu: «Ich hole mir Unterstützung und zeige, was ich kann.»
- «Ich schaffe Tests nie.» wird zu: «Ich bereite mich vor und nutze neue Lernstrategien.»
Diese positiven Glaubenssätze gewinnen Kraft, wenn sie erlebt werden. Sprache bereitet die Transformation vor und bietet einen Rahmen und die gelebte Erfahrung verankert die neuen Sätze. Studien haben gezeigt, dass neue Gewohnheiten sich in 66 Tagen etablieren lassen. Tief verankerte Überzeugungen benötigen jedoch 1,5 Mal so viel Zeit.
6 Tipps zur Transformation von Glaubenssätzen
Wenn du bemerkst, dass ein Kind ein negatives Selbstbild entwickelt, lohnt es sich genauer hinzusehen: Gab es ein Ereignis, das etwas ins Wanken gebracht hat, oder war es ein schleichender Prozess? Richte den Fokus auf Empfinden und Erlebtes und geht gemeinsam auf Ursachenforschung. Mit den folgenden Impulsen begleitest du dein Kind/ deine Kinder Schritt für Schritt zurück zu einem stärkenden Selbstbild:
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• Stärken sichtbar machen: Interessen und Talente erkennen, benennen und gezielt hervorheben. Sammle konkrete Beispiele im Lerntagebuch, achte aber darauf, dass du dabei authentisch bleibst. Beispiel: «Das Bild in Kunst hast du sehr farbenfroh und kreativ gestaltet».
• Erfolge feiern: Kleine und grosse Fortschritte in der Klasse oder zuhause sollten gefeiert werden, zum Beispiel in einem kleinen Feedback-Moment.
Beispiel: «Das Aufräumen hat heute wirklich reibungslos geklappt».
• Fehler als Lernchance sehen: Etabliere eine Klassen-Kultur, in der Misslingen reflektiert wird und nächste Schritte geplant werden. Beispiel: «Das war noch nicht ganz richtig. Lass uns morgen einfach noch 5 Minuten weiter daran arbeiten.»
• Lerngespräche führen: Negative Glaubenssätze offen ansprechen, nach dem «Warum» fragen und beim Transformieren eng begleiten. Findet gemeinsam realistische Alternativen und bleibt langfristig an dem Thema dran. Beispiel: «Was denkst du eigentlich über dich?»
• Sprachgebrauch reflektieren: Vermeide Bewertungen oder beeinflussende Aussagen. Setze auf Beschreibungen von beobachtbarem Verhalten. Beispiel: «Ich habe gesehen, dass du deine Hand heute viermal gehoben hast. Das ist mir aufgefallen.»
• Eigenverantwortung stärken: Altersgerechte Aufgaben übergeben und Entscheidungsspielräume schaffen. Entwicklungen im Lerntagebuch sichtbar machen. Beispiel: «Könntest du jeden Montag die Karten für die kreative Gruppenübung austeilen?»
Fazit: Du bist nicht deine Gedanken
Es kann sich lohnen, zuerst die eigenen Gedankenmuster zu hinterfragen. Eltern und Lehrpersonen sind starke Vorbilder, weshalb Kinder oft unbewusst ihre Glaubenssätze übernehmen. Der erste wirksame Schritt ist, die eigenen Überzeugungen sichtbar zu machen und mit ihnen zu arbeiten. Erinnere dich daran, dass Gedanken keine Fakten sind. Du darfst dich von ihnen freundlich distanzieren.
So könnte das aussehen:
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Eigene Glaubenssätze aufschreiben: «Ich bemerke den Gedanken, dass ich….» Das schafft Abstand und macht Muster erkennbar.
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Gefühle zulassen, ohne sie wegzudrücken: Atme durch und lege eine Hand auf den Bauch und eine Hand aufs Herz. Versuche das Gefühl einfach da sein zu lassen.
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Konkrete Gegenbeispiele sammeln: Sammle konkrete Beweise gegen deinen Glaubenssatz und notiere diese.
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Sich selbst wie eine Freundin/einen Freund behandeln: Notiere, was würde er/sie dir zu deinem Glaubenssatz sagen?
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Mini-Handlung überlegen, die den neuen Satz erfahrbar macht: «Ich mache heute 5 Minuten Papierkram und starte mit den beiden schwierigen E-Mails.»
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Regelmässig Dankbarkeit üben: kurze Notiz am Abend, was heute positiv war. So wird Veränderung messbar.
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Transparent sein: eigenes Lernen mit Kindern teilen und eine Sprache wählen, die stärkt statt kleinmacht.
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Freundliche Distanz üben: Gedanken innerlich benennen, zum Beispiel «Da ist der Zweifel….», und ihn vorbeiziehen lassen wie eine Wolke.
Dieser Weg ist ein Prozess. Erwarte keine Ergebnisse über Nacht. Glaubenssätze sind tief verankerte Annahmen über uns und die Welt. Sie bewusst zu erkennen und schrittweise zu verändern braucht Zeit. Es lohnt sich jedoch sehr, weil jedes kleine Stück Klarheit und Mut den Alltag leichter macht und deine volle Entfaltung möglich wird.
Deine Branka
Einladung zum Workshop: Glaubenssätze auflösen und Kinder stark begleiten
Dieser neue Workshop nimmt dich an die Hand und zeigt dir Schritt für Schritt, wie du als Elternteil oder Lehrperson negative Glaubenssätze identifizierst und frühzeitig auflöst.
Online-Workshop: «Glaubenssätze auflösen und Kinder stark begleiten»
Datum: 03.11.2025, Uhrzeit: 17.00 Uhr
Ort: Online via Zoom
Kosten: CHF 37 p.P.
Das nimmst du mit:
- Einen praxiserprobten 5-Schritte-Plan
- Formulierungen für Klasse und Familie sowie
- Materialien zum direkten Einsatz.
Den Link zur Anmeldung findest du hier. Wir freuen uns auf dich!

