Lösungsorientiertes Arbeiten im Klassenzimmer (LOA)

Lösungsorientiertes Arbeiten Übersicht

Weg von den Problemen: Darum ist Lösungsorientierung so wichtig

Es gibt diese Tage, an denen wir als Lehrpersonen das Gefühl haben, mitten in einem riesigen Haufen Probleme festzustecken – je mehr wir uns bewegen, desto mehr bleibt hängen. Aufgaben werden nicht fertig, Konflikte kochen immer wieder hoch, Eltern-mail Nummer sieben landet in der Inbox – und wir stellen uns dieselben Fragen: Warum klappt das nicht? Wo hakt es schon wieder? Ohne lösungsorientierte Haltung kleben wir an Fehlern fest. Wir sammeln Defizite, markieren Rot, drehen uns im Kreis. Das strengt an, macht eng und raubt uns genau die Energie, die wir für gute Schule brauchen.

Und dann gibt es die besseren Tage. Wir nehmen Schwierigkeiten ernst, geben ihnen Raum und gehen weiter. Wir schauen auf das, was schon tragfähig ist: kleine Erfolge, gelungene Schritte, Momente der Verbindung. Wir formulieren ein gemeinsames Ziel, das erreichbar ist. Aus Kreisen wird Bewegen. Aus Rotstift wird Richtungsweiser. 

Im Webinar mit Marius Strebel – Schulleiter und Experte für LOA – haben wir das lösungsorientierte Arbeiten nicht als Methode, sondern als Haltung betrachtet. Eine Haltung, die drei Dinge gleichzeitig tut: Anerkennung üben, Fokus schärfen und Bewegung erzeugen.

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Das passiert, wenn wir Probleme fokussieren

Ohne lösungsorientiertes Arbeiten verengt sich der Blick. Korrigieren wird zur reinen Fehlersuche. Gespräche drehen sich um Mängel. Teamsitzungen werden zu Problembörsen. Kinder erleben sich als «die mit den Fehlern», Lehrpersonen als «die, die nie fertig werden». Es entsteht ein Klima, in dem Mut und Neugier schrumpfen. Genau hier setzt LOA an – nicht, indem Probleme kleingeredet werden, sondern indem sie gerahmt werden: «Ja, das ist schwer. Und: Was trägt schon? Was ist als Nächstes möglich?»

So verändert sich der Unterricht mit LOA

Im Webinar haben wir eine einfache Szene durchgespielt: Ein Kind löst fünf Aufgaben, zwei sind richtig, drei falsch. Ohne lösungsorientiertes Arbeiten schauen wir direkt auf die Fehler. Mit LOA bleiben wir zuerst bei den beiden gelungenen: «Wie bist du da vorgegangen? Was hat dir geholfen?» Aus den Antworten bauen wir die Brücke zu den drei Kniffligen. Das ist keine Zauberei, sondern kluge Didaktik: Wir verstärken funktionierende Strategien und übertragen sie gezielt auf neue Aufgaben.

Auch beim Korrigieren macht es einen Unterschied. Alles, was bereits stimmt – Grossschreibung der Nomen, saubere Wortabstände und eine treffende Formulierung – wird sichtbar anerkannt. Danach kommen ein bis zwei nächste Entwicklungsschritte. Kein Seitenhieb, sondern Richtung: «Heute achtest du besonders auf die Zeitformen. Morgen schauen wir die Kommata an.» So entsteht Fortschritt ohne Überforderung.

Fragen für das Klassenzimmer:

  • Wie bist du bei den Aufgaben (die schon klappen) vorgegangen?
  • Was genau hat dir geholfen?
  • Welche Idee davon können wir auf die drei schwierigen Aufgaben übertragen?

So erlebst du, wie das Kind bereits vorhandene Kompetenz spürt, anstatt defizitär zu denken. Seine Motivation wächst, weil die Brücke von «gelingt schon» zu «gelingt bald» sichtbar wird.

Lösungsorientiert Arbeiten in kleinen Schritten

Lernblockaden: Was tun, wenn nichts mehr geht?

Wenn das Wissen eigentlich vorhanden ist, aber trotzdem nichts mehr geht, hilft die LOA‑Dreierbewegung: anerkennen, Wahl ermöglichen, Mini‑Schritt wählen. Es beginnt mit einer Feststellung: «Du wirkst festgefahren – das ist anstrengend.» Dann eröffnen wir Optionen: Den Platz wechseln, ein Glas Wasser holen, drei ruhige Atemzüge machen, die Reihenfolge der Aufgaben selbst bestimmen. Dann erinnern wir an vergangene Erfolge: «Wann hat es zuletzt geklappt? Was war da anders?» Aus dieser Erinnerung entsteht der nächste kleine Schritt – konkret, machbar, in fünf Minuten sichtbar.

Die Lösungsorientierte Dreierbewegung:

  1. Anerkennen: «Du wirkst festgefahren, das ist bestimmt anstrengend.»
  2. Sammeln und Optionen anbieten: «Was würde dir helfen, dich wieder zu sammeln?» (Ein Glas Wasser trinken, kurze Bewegungspause einlegen, tief durchatmen, den Fensterplatz nehmen, einen Timer stellen)
  3. Wege aufzeigen: «Drei Wege liegen bereit: a) zwei Minuten Pause, b) zu zweit starten, c) wir teilen die Aufgabe in Minischritte. Was davon möchtest du?»

Skalenfrage:

«Auf einer Skala von 0 bis 10: Wo ist dein Wohlbefinden gerade?»

Bei «0» kannst du fragen: «Wow – wie hältst du das aus? Woher nimmst du die Energie, trotzdem hier zu sein?» Diese Wertschätzung aktiviert Resilienz.
Danach: «Was brauchst du, um auf die Eins zu klettern? Nur dieses kleine Stück?»

Lerngespräche wirkungsvoll führen

Lerngespräch mit Branka Rezan

Ein Kernstück des Webinars war die Rolle der Lerngespräche. Wir führen sie nicht im Höhepunkt der Emotion, sondern wenn Ruhe da ist. Der Einstieg ist immer ein positiver Anker:«Was ist dir heute gelungen?» Danach klären wir das Ziel des Gesprächs: «Was muss heute passieren, damit es sich für dich gelohnt hat?» Erst dann wird korrigiert, geübt und geordnet. 

Am Ende steht eine klare Vereinbarung: klein genug, um im Alltag nicht unterzugehen, und gross genug, um Wirkung zu zeigen. Lerngespräche machen LOA hörbar und erlebbar. Sie nehmen Kinder ernst, stärken Selbstwirksamkeit und sparen langfristig Zeit, weil Missverständnisse nicht in die nächste Woche mitwandern.

Eltern und Team: Partnerschaft statt Problemschleife

Lösungsorientiertes Arbeiten verändert auch die Gesprächskultur mit Eltern. Gute Gespräche beginnen mit dieser Frage:

  1. «Welche zwei Entwicklungen freuen Sie gerade bei Ihrem Kind?» Von dort aus wird das Ziel formuliert:
  2. «Was wünschen Sie sich als nächsten Schritt?» – und…
  3. «Woran würden wir das in zwei Wochen erkennen?»

E‑Mails starten mit einem echten, beobachtbaren Lob und enden mit dem, was es noch braucht. Das wirkt. Kinder kommen am nächsten Tag häufig messbar aufrechter in die Schule, wenn zu Hause die eigenen Stärken zur Sprache bekommen.

Beispiel Teamsitzung:

Im Kollegium öffnen wir die Sitzung mit: «Was ist heute gelungen?» Nicht, um Probleme zu ignorieren, sondern um Arbeitsfähigkeit herzustellen. Spannungen gehen wir ebenfalls strukturiert an: Was läuft gut? Was ist herausfordernd? Was wünschen wir uns? Welche Vereinbarungen treffen wir bis zur nächsten Sitzung? Lösungsorientiert zu arbeiten, ist kein Grossprojekt, das auf die ganze Schule warten muss. Es beginnt bei jeder einzelnen Lehrperson und ist ansteckend.

Beispiel: E-Mail-Kommunikation

Starte jede E-Mail positiv: «Was ich noch sagen wollte …» – eine konkrete Beobachtung, was heute gelungen ist. Danach: «Was braucht es noch …?» Dieser Rahmen würdigt die Bemühungen aller Beteiligten und fokussiert den Blick auf den nächsten Schritt.

Lösungsorientiertes Arbeiten: darum ist es wichtig

LOA ist kein zusätzlicher Punkt auf der To‑Do‑Liste. Es ist ein Perspektivwechsel, der mehr Energie freisetzt. Ohne LOA verlieren wir uns leicht im Mangel – mit LOA gewinnen wir Handlungsfähigkeit zurück. Kinder erleben sich als wirksam, Lehrpersonen als gestaltend, Eltern als Partner. In einer Zeit, in der Anforderungen wachsen und Aufmerksamkeit zerfasert, braucht Schule einen Kompass. Der lösungsorientierte Ansatz in der Schule ist genau das: ein Kompass, der uns vom Problem ins Gestalten führt – Schritt für Schritt, Tag für Tag.

Mein Vorschlag: Nimm dir aus diesem Text eine Sache mit – die Gelungen‑Runde, die Wohlfühl-Skala, einen Ansatz fürs Lerngespräch – und probiere sie diese Woche aus.

Kleine Schritte, grosse Wirkung. Genau so beginnt Veränderung!

Drei gute Gründe für lösungsorientiertes Arbeiten:

  • Zeit und Ressourcen: LOA optimiert deine Prozesse und stärkt die Selbstständigkeit der Kinder.
  • Entfaltungsmöglichkeit: Werde zur Lehrperson, die aktiv ist und mitgestaltet, statt nur zu reagieren.
  • Raum für Bedürfnisse: Führe Lerngespräche mit Sinn, die Kinder wirklich bewegen und wachsen lassen.

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Deine Branka

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