Hochsensibilität bei Kindern

Starke Gefühle: Hochsensibilität bei Kindern entdecken & verstehen

Ist dein Kind sehr fantasievoll und scheint beim Spielen alles um sich herum zu vergessen? Klagt es öfters über Kopf- und Bauchschmerzen in ungewohnten oder stressigen Situationen und fühlt sich in grossen Menschenmengen eher unwohl? Treffen manche dieser Aussagen vielleicht sogar auf dich zu? Dann kann es sein, dass du oder dein Kind hochsensibel seid. Vielleicht hast du den Begriff «Hochsensibilität» bereits gehört, weisst aber noch nicht so recht etwas damit anzufangen oder du fragst dich, ob diese Beschreibung auch auf dich oder dein Kind zutreffen könnte.

Hochsensibilität – was ist das genau?

Hochsensibilität zeichnet sich durch eine hohe Sensibilität bei der Verarbeitung von Reizen aus. Das heisst, hochsensible Kinder und Erwachsene nehmen deutlich mehr Reize wahr als ihre Mitmenschen und empfinden diese Reize zudem intensiver. Dazu zählen zum Beispiel Geräusche, Gerüche, Licht und Farben, aber auch Berührungen und Emotionen, die von hochsensible Menschen schnell als zu viel oder unangenehm empfunden werden. Es kommt nicht selten vor, dass ein hochsensibles Kind seine Tränen oder Wut dann auch nicht zurückhalten kann.

Es handelt sich bei Hochsensibilität jedoch nicht um eine Krankheit, d.h., es gibt keine «offizielle Diagnose» oder Behandlung; hochsensible Menschen können lediglich Bewältigungsstrategien erlernen, die ihnen dabei helfen ihren Alltag ohne Überforderungen erfolgreich zu meistern. Das Konzept der «Hochsensibilität» wurde erstmals 1997 von der U.S.-amerikanischen Psychotherapeutin Elaine N. Aron entwickelt. In ihren Forschungsarbeiten zum Thema Sensitivität unterscheidet sie zwischen Menschen mit niedriger, mittlerer und hoher Sensitivität. Letztere bezeichnete sie als «highly sensitive persons» (HSP) – und setzte damit den Grundstein für die Definition von Hochsensibilität in Psychologie und Forschung.

Hochsensibilität: mögliche Ursachen

Es wird vermutet, dass veränderte Aktivitäten in bestimmten Teilen der Hirnstruktur sowie eine genetische Veranlagung bei Hochsensibilität als Ursachen in Frage kommen. Die Forschungen hierzu stecken allerdings noch in den Kinderschuhen, sodass die wahren Gründe bislang noch nicht belegt sind. Generell aber geht man davon aus, dass Menschen generell unterschiedlich stark auf Reize reagieren und diese wahrnehmen – bei Hochsensiblen ist die Wahrnehmung eben besonders stark. Dies bedeutet aber nicht, dass sie alle Reize komplett ungefiltert registrieren – sie sind lediglich empfänglicher dafür und verarbeiten sie anders.

Wie macht sich Hochsensibilität bei Kindern bemerkbar?

Hochsensibilität macht sich auf verschiedene Weise bemerkbar. Unterschiede zwischen hochsensiblen und «normal» sensiblen Menschen finden sich vor allem in

  • der Wahrnehmung

Hochsensible Kinder und Erwachsene nehmen aufgrund ihrer fein ausgeprägten Sinneskanäle ihre Umwelt und Mitmenschen sowie das eigene Innenleben sehr intensiv wahr. Ob ein kratzendes Kleidungsstück, unangenehme Gerüche, Hintergrundgeräusche oder die Stimmung ihres Gegenübers: Man könnte meinen, Hochsensiblen entgeht so schnell nichts. 

  • dem Denken

Das Gehirn von Hochsensiblen ist nicht für rasche und impulsive Gedanken gemacht. Hochsensible Menschen setzen sich gerne lange und intensiv mit einem Thema auseinander. Sachverhalte werden genauestens analysiert, Entscheidungen nicht auf die leichte Schulter genommen. 

  • dem Fühlen

Hochsensibilität bringt ein hohes Mass an Einfühlungsvermögen und eine intensive Gefühlswelt mit sich. Anhand von Mimik und Gestik können Hochsensible rasch die Gefühle einer anderen Person erfassen und fühlen die Freude, den Schmerz oder die Trauer des anderen so, als ob es ihre eigenen Gefühle wären. Auch die persönliche Gefühlswelt wird häufig von ihnen nach aussen getragen: Hochsensible hören wegen dieser Gefühlsausbrüche daher nicht selten, sie seien «extrem» oder «hysterisch». 

  • der Übererregbarkeit

Aufgrund der Fülle an Reizen, die Hochsensible in ihrer Gänze absorbieren, neigen sie leicht zu einer Überstimulierung. Dies zeigt sich häufig in Form von zunehmender Gereiztheit, Überforderung bis hin zur Erschöpfung. Rückzugsmöglichkeiten und Zeit zum Durchschnaufen sind für hochsensible Menschen daher besonders wichtig.

 


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Während bei Hochsensibilität diese Symptome sowohl von Erwachsenen als auch Kindern geteilt werden, äussern sich diese Merkmale bei hochsensiblen Kindern häufig auf die folgende Weise:

  • Hochsensible Kinder sind sehr fantasievoll. Ob beim Malen, Spielen oder sogar im Schlaf: Sie haben ein intensives Innenleben, das sie in einfallsreichen Geschichten und Bastelarbeiten zum Ausdruck bringen.
  • Tiefgreifende Fragen und ein häufig bereits früh vorhandener ausgeprägter Wortschatz sind bei hochsensiblen Kindern keine Seltenheit.
  • Hochsensibilität nimmt bei Kindern nicht selten die Form von Perfektionismus an. Wenn etwas nicht ihren hochgesteckten Anforderungen entspricht, sind Tränen oder Wutanfälle ein oft genutztes Ventil, um ihren Frust kundzutun.
  • Grosse Menschenmengen können für diese Kinder eine Herausforderung darstellen, der sie sich nicht gewachsen fühlen. Denn wo viele Menschen zusammenkommen, nimmt auch die Geräuschs- und Geruchskulisse zu – dies führt schnell zur Überforderung.
  • Und wenn eine Situation sie stresst, äussert sich dies häufig in Übelkeit, Kopf- oder Bauchschmerzen.
  • Generell sind von Hochsensibilität betroffene Kinder daher eher vorsichtig. Sie vermeiden Gefahrensituationen, beobachten neue Dinge zuerst, bevor sie sie ausprobieren und tun sich mit Veränderungen und Überraschungen schwer.
  • Auf der positiven Seite sind hochsensible Kinder für ihre Hilfsbereitschaft bekannt und teilen gerne mit anderen. 

Stärken & Schwächen von Hochsensiblen

Hochsensibilität bringt viele Symptome mit sich, die Betroffene zu ihren Stärken machen können. Dazu zählen ihre Empathie, Kreativität, ein Gespür für Ästhetik, Klänge und Farben sowie das Talent, mit allen Sinnen geniessen zu können. Auch ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und ihre Harmoniebedürftigkeit machen Hochsensible zu sympathischen Weggefährten und hervorragenden Streitschlichtern. Um optimal auf diese Ressourcen zugreifen zu können, müssen Hochsensible jedoch den richtigen Umgang mit ihren Eigenschaften erlernen. Insbesondere Kinder brauchen häufig Unterstützung dabei, ihre eigene Hochsensibilität zu verstehen und mit ihr leben zu lernen.

Lernen sie dies nicht oder erst spät, leiden Hochsensible ansonsten schnell an ihrem Anderssein. Dann versuchen sie, ihre inneren Bedürfnisse und Wünsche zu unterdrücken und an die oft so fremd wirkende Aussenwelt anzupassen. Gleichzeitig nehmen sie aber weiterhin die Reize und Schwingungen ihrer Umgebung auf, was gerade für von Hochsensibilität betroffene Kinder eine enorme mentale Belastung sein kann – Burnout, Depressionen und Selbstzweifel können dann die Folge sein. 

So können Eltern Ihre hochsensiblen Kinder stärken

Als Eltern oder Erzieher müssen wir es jedoch nicht so weit kommen lassen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie du dein hochsensibles Kind dabei unterstützen kannst, sich selbst in seiner Einzigartigkeit anzunehmen. Wichtig ist, dass du als Vorbild dich zunächst jedoch selbst stärkst. Erst dann wirst du den Wut- und Tränenausbrüchen deines sensiblen Kindes standhalten und ihm einen sicheren Raum bieten können, in dem es wachsen und seinen Gefühlen freien Lauf lassen kann. Es gibt drei magische Sätze, mit denen du deinem Kind genau den Trost spenden kannst, den es beispielsweise nach einem harten Schultag braucht.

Diese drei Sätze sind:

«Nichts an Dir ist falsch.»

«Du bist bei mir sicher und ich höre dir zu.»

«Brauchst du Hilfe?»

Indem du die Hochsensibilität deines Kindes nicht bewertest und ihm die Entscheidung überlässt, wie es mit seinem Kummer umgehen möchte, hilfst du ihm dabei, seine Resilienz zu stärken .

Gleichzeitig kannst du dein Kind dazu ermutigen, die folgenden Tipps für Hochsensible in seinen Alltag zu integrieren (die Tipps eignen sich auch super für hochsensible Mütter und Väter, die stressige Situationen besser meistern wollen):

  1. Lerne deine Gefühle zu akzeptieren und über sie zu sprechen. Nichts an deinen Gefühlen ist falsch, daher sollte sich niemand für das, was er fühlt, schämen!
  2. Reduziere Lärm. Entferne mögliche Lärmquellen oder nutze lärmreduzierende Kopfhörer, wenn es dir zu laut wird.
  3. Verwende ätherische Öle, z.B. als Duftkerzen- und Stäbchen, Badezusatz oder Massageöle. Einige davon haben eine beruhigende Wirkung, lindern Stress und erhöhen das Wohlbefinden.
  4. Stärke deine Körperwahrnehmung. Lege z.B. eine Hand auf deinen Bauch oder dein Herz, atme sanft ein und wieder aus und zähle bis drei. Wie fühlst du dich gerade? Indem du regelmässig Atem- und Achtsamkeitsübungen praktizierst, bringst du Körper und Geist in Einklang und baust eine innige Verbindung zu deinem Ich auf.
  5. Kenne deine Stressoren. Indem du deine Stressquellen identifizierst, kannst du diese abmildern oder entfernen und beugst so einer Reizüberflutung vor.

Hochsensibilität bei Kindern: Mit diesem Test erkennst du, ob dein Kind hochsensibel ist

Du hast dich oder dein Kind in den Beschreibungen wiedererkannt und willst feststellen, ob auf euch die Diagnose «Hochsensibilität» zutrifft? Der Hochsensibilitäts-Test liefert dir die Antwort. Bedenke dabei aber: Ein Online-Test kann niemals eine zuverlässige psychologische Beratung oder ein medizinisches Fachgespräch ersetzen. Der Test dient lediglich als ersten Anhaltspunkt. Bei Fragen oder Sorgen wende dich an einen ausgebildeten Psychologen.

Hochsensibilitäts-Test für Kinder

Beantworte die folgenden Aussagen wahrheitsgemäss mit «Ja», wenn du meinst, dass sie auf dein Kind zutreffen, oder «Nein», wenn du der Meinung bist, dass sie dein Kind nicht zutreffend beschreiben.

Dein Kind hat eine grosse Fantasie.

Ja

Nein

Andere Eltern oder Lehrer halten dein Kind für schüchtern oder sensibel.

Ja

Nein

Die Stimmungen anderer Menschen haben Einfluss auf den Gemütszustand deines Kindes.

Ja

Nein

Bilder, Filme und Musik lösen bei deinem Kind starke Emotionen aus. Du siehst deinem Kind an, wie es regelrecht mitzufühlen scheint.

Ja

Nein

Horror- und Gewaltszenen in Filmen, TV-Serien, Videospielen oder Büchern behagen deinem Kind nicht gut. Es bevorzugt ruhigere Genre.

Ja

Nein

Dein Kind mag keine lauten Geräusche, helles Licht, unangenehme Gerüche oder kratzende Materialien.

Ja

Nein

Überraschungspartys oder andere unvorhergesehene Ereignisse sind für dein Kind ein Graus.

Ja

Nein

Dein Kind hat Angst davor, von anderen abgelehnt oder zurückgewiesen zu werden.

Ja

Nein

Dein Kind meidet Konflikte, Streit und Drama und ist der geborene Streitschlichter.

Ja

Nein

Dein Kind mag es nicht, beobachtet zu werden. Es wird nervös, wenn du ihm bei der Erledigung einer Aufgabe zuschaust.

Ja

Nein

Dein Kind bemerkt selbst kleinste Veränderungen, z.B. einen leicht verrückten Gegenstand oder ein verändertes Aussehen bei seinen Mitmenschen.

Ja

Nein

Lügen und Halbwahrheiten kann dein Kind nicht ausstehen.

Ja

Nein

Dein Kind stellt tiefgreifende Fragen oder sucht nach einem größeren Sinn.

Ja

Nein

Dein Kind weiss, was es tun muss, um seine Mitmenschen aufzumuntern.

Ja

Nein

Dein Kind zieht sich in stressigen Momenten gerne zurück oder verstummt.

Ja

Nein

Plötzliche Veränderungen beunruhigen dein Kind oder machen ihm Angst.

Ja

Nein

Dein Kind ist leicht schreckhaft zu sein.

Ja

Nein

Dein Kind ist schmerzempfindlich. Selbst kleinere Verletzungen empfindet es als schwer erträglich.

Ja

Nein

Dein Kind geht aufwühlenden oder als überfordernd empfundenen Situationen gerne aus dem Weg.

Ja

Nein

Dein Kind ist launisch oder unkonzentriert, wenn es hungrig ist.

Ja

Nein

In hektischen oder unüberschaubaren Situationen reagiert dein Kind häufig gereizt.

Ja

Nein

Dein Kind ist nicht gut im Multitasking und fühlt sich mit mehreren gleichzeitigen Aufgaben überfordert.

Ja

Nein

Dein Kind stellt viele Fragen.

Ja

Nein

Dein Kind hat ein umfangreiches Vokabular für sein Alter.

Ja

Nein

Manchmal hast du das Gefühl, dein Kind kann deine Gedanken lesen.

Ja

Nein

Dein Kind ist ein kleiner Perfektionist.

Ja

Nein

Dein Kind schläft nach einem ereignisreichen Tag schlecht ein.

Ja

Nein

Dein Kind lernt besser mithilfe einer freundlichen Ermahnung statt einer deutlichen Bestrafung.

Ja

Nein

Dein Kind beklagt sich bei dir, «irgendwie anders» zu sein und fühlt sich von Lehrern und Klassenkameraden unverstanden.

Ja

Nein

Test: Copyright © 2002, 2019 Elaine N. Aron

 

Auswertung: Zähle, wie viele Fragen du mit «Ja» und wie viele du mit «Nein» beantwortet hast.

Hast du 15 oder mehr Fragen mit «Ja» beantwortet, könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass eine Hochsensibilität bei deinem Kind vorliegt. Für eine genaue Beurteilung solltest du jedoch das Gespräch mit einem ausgebildeten Psychologen aufsuchen.

Hast du noch Fragen zum Thema Hochsensibilität bei Kindern oder bist du selbst von Hochsensibilität betroffen und suchst Rat, wie du deine Energien so bündeln kannst, dass du Arbeit, Alltag und Elternsein mit Schwung und Spass meisterst? Dann nimm gerne mit mir Kontakt auf – gemeinsam erarbeiten wir für dich sinnvolle und machbare Strategien, die dir und deinen Kindern dabei helfen, eure Hochsensibilität lieben zu lernen.

 

Wenn du das erste Mal auf meiner Seite stöberst:

Herzlich Willkommen!

Ich bin Branka Rezan, Lehrerin, Familien- und Lerncoach, FamilyLab Seminarleiterin und Mutter von drei Kindern. Ich setze mich dafür ein, dass Eltern, Erzieher:innen und Lehrkräfte die Persönlichkeit von Kindern erkennen, gezielt fördern und stärken.

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